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Dienstag, 16. Mai 2017

Saudi-Arabien vs Iran

Quelle: @snarwani
Sharmine Narwani, eine der wenigen unabhängigen Analysten des Mittleren Ostens, hat wieder einmal brillant über den Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran referiert. Die Autorin für New York Times, The Guardian usw. wird aber zunehmend vorwiegend in kritischen Medien veröffentlicht. Während man in Deutschland also hört, der Iran hätte Saudi-Arabien gedroht, war es wieder einmal genau umgekehrt.


"Seit Jahren führen die Saudis Stellvertreterkriege gegen den Iran, allerdings mit wenig Erfolgt. Trotz der Geschichte der Misserfolge scheint Riad einen unausgereiften Krieg der Worte gegen die Islamische Republik zu mobilisieren.

'... Wir wissen, dass wir das Hauptziel des Iran sind', spekulierte der stellvertretende saudische Kronprinz Mohammed bin Salam (/MbS) Anfang des Monats in einem Interview. Dann folgte die Drohung '... Wir werden nicht warten, bis die Schlacht nach Saudi Arabien kommt, deshalb werden wir alles unternehmen, damit sie im Iran und nicht hier stattfindet...'

Das sind doch wirklich kämpferische Worte. Die Iraner sind natürlich genau so hart, als Verteidigungsminister Hossein Deghan mit unüblicher Heftigkeit antwortete: '...Wir warnen sie (Saudis) irgend etwas ignorantes zu unternehmen, aber falls sie es tun, werden wir keine Stelle außer Mekka und Medina unberühft lassen...' Mit anderen Worten, falls die Saudis eine direkte Aggression gegen den Iran beginnen sollten, wäre das der letzte Krieg Riads.

Hier muss man eine wichtige Feststellung treffen: Die Saudis, entgegen dem Anschein, sind seit der Islamischen Revolution des Iran im Jahr 1979, als der [persische] König durch Demonstrationen gestürzt wurde (zum Schrecken für saudische Prinzen), im Abwärtstrend. Und deshalb sehen wir seit 38 Jahren eine immer aggressiver werdendes Land, Saudi Arabien, in der Region, das iranische / schiitische Feinde selbst da jagt, wo es sie nicht gibt. Schauen Sie nur in den Jemen, wo der schon zwei Jahre dauernde Bombenkrieg der Saudis über 10.000 Zivilisten tötete, oder Bahrain, wo saudische Truppen den Widerstand der schiitischen Mehrheit mit Panzern nieder machte, oder Syrien, wohin die Saudis Waffen, Geld und Unterstützung für ISIS und andere Kopf-Ab-Terroristen schicken. Diese saudische Hysterie hat jetzt jede Ecke der Welt erreicht, und durch die über 100 Milliarden Dollar schwere Investition Riads in radikale Schulen, Moscheen und Propaganda, eine ganze Generation im Wahabitischen Stil der Intoleranz indoktriniert.

Während Saudi-Arabien wild entschlossen ist, jeden iranischen Einfluss, real oder eingebildet, zu bekämpfen, hatte sich Riad nie auf eine direkte Konfrontatgion mit dem Iran eingelassen. Wie der frühere US-Verteidigungsminister Robert Gates 2010 in einem WikiLeaks-Dokument bekannterweise erklärte, wollten die 'Saudis bis zum letzten Armerikaner gegen den Iran kämpfen', während er hinzufügte: 'Es wird Zeit für sie, selbst in das Spiel einzutreten'. Vielleicht jetzt, und unter der Anleitung des 31-jährigen Prinzlings, planen die Saudis genau das zu tun.

Saudi-Arabien vs Iran - [Ein Vergleich]

.... Sowohl der Iran als auch Saudi-Arabien sind reich an Energie-Reserven und haben die Einnahmen daraus zum Voranbringen ihrer nationalen Ziele verwandt, jedoch mit riesigen unterschiedlichen Resultaten. Die Wirtschaft des Iran ist darauf fokussiert, sich vom Energie-Sektor abzukoppeln und eine selbstgenügsame Wirtschaft zu entwickeln, hin zum Netto-Exportland. Saudi-Arabien ist vom Import abhängig. Der Iran gibt im Jahr 15 Milliarden US-Dollar für das Militär aus - verglichen dazu die Ausgaben von Saudi-Arabien in Höhe von 80 Milliarden -, und hat eine der kompetentesten Streitkräfte in der Region, baut inzwischen seine Waffen selbst. Das iranische politische System basiert auf einer Verfassung, ist facettenreich, mit laut miteinander im Wettbewerb stehenden Blöcken, die eigene Medien und Satzungen besitzen. Die saudische Monarchie basiert ausschließlich auf der Herrschaft einer Familie, ohne nennenswerte Wahlen, oder im Wettbewerb stehenden politischen Einheiten und mit wenig Pressefreiheit. Was die Anwendung von Macht angeht, bevorzugt der Iran die sanfte Anwendung der Diplomatie, Handel und der Bildung von Allianzen, basierend auf gemeinsamen Weltansichten und Zielen, während die Saudis ihren Einfluiss weit ausgedehnt haben, durch Verbreitung wahabitischer Ideologie in Schulen, Moscheen und anderen Institutionen, und das auf einer globalen Ebene, dabei die Loyalität von Verbündeten ganz offen erkaufend.

In den vergangenen Jahren konnten wir genau beobachten, wie die Nationen-Bildung im Iran und in Saudi-Arabien stattfand, und den Erfolg ihrer geopolitischen Strategien beeinflusste. Beide Staaten leiden unter existentiellen Bedrohungen und großer Angst, und ihre Verbündeten standen sich nun schon auf einigen Schlachtfeldern gegenüber. Der Iran ging sehr sorgfältig daran, seine strategische Tiefe zu vergrößern, und baute Allianzen mit Partnern, die die gemeinsamen Werte von Unabhängigkeit, Selbstbestimmung und Widerstand gegen den Imperialismus teilen. Die Saudis auf der anderen Seite, haben ihre externen Allianzen mit Hegemonie oder Dominanz erzwungen, ohne Berücksichtiguntg der abweichenden Interessen und Werte der Aliierten....

Wie kann man eine solche Beziehung als Rivalität bezeichnen, wenn die zwei nicht einmal auf dem gleichen Feld spielen? Würde Teheran Saudi-Arabien außerhalb der OPEC-Treffen überhaupt wahrnehmen, wenn die Saudis nicht so aggressiv, so an jeder Ecke und jeder Grenze kriegerisch, agieren würden?
 Die Drohung Saudi-Arabiens

Trotzdem muss die Drohung von MbS, die Schlacht in den Iran zu tragen, ernst genommen werden, weil das Land nicht alleine agiert. Das Klopfen des Prinzen gegen die Brust kommt dank der Verbesserung der Beziehungen zu Washington zustande. US-Präsident Trump fördert enthusiastisch den Verkauf von Waffen und Munition im Wert von Milliarden und Abermilliarden Dollar an die Saudis, und hatte Riad als erste Stelle für einen offiziellen Auslandsbesuch ausgewählt, während er für die Gründung einer "arabischen NATO", die gemeinsam mit Israel gegen den Iran antritt, warb.

Erwarten Sie jedoch keinen konventionellen Krieg als Eröffnungsschachzug. Die USA und Saudi-Arabien haben Erfahrung in Subversion und Sabotage gegen die Islamische Republik, und darauf werden sie sehr wahrscheinlich ihren Fokus richten.

In der letzten Woche warnte der oberste Schriftgelehrte des Iran, Ali Khamenei vor ausländischer Einmischung in die am Freitag anstehenden Wahlen des Präsidenten: 'Die Sicherheitsbehörden des Landes werden das Land während den Wahlen vollständig beschützen. Jeder der dagegen verstößt wird mit Sicherheit bestraft werden'. Indem er die Öffentlichkeit aufrief, wachsam zu sein, nannte Khamenei die Kurz-, Mittel- und Langfristziele der Feinde des Iran: '... die Sicherheit des Landes zerstören, Chaos auslösen ebenso wie Aufstände ... zielend auf die Wirtschaft des Landes und die Lebensbedingungen der Menschen ... und schließlich das System zu stürzen...'.

Welche Rolle wird Saudi-Arabien dabei spielen? Riadhs Hand in dieser Schlacht wird man wahrscheinlich an und innerhalb der Grenzen des Iran sehen, so wie wir sie schon in Syrien, dem Irak oder Afghanistan und auf anderen Schauplätzen beobachteten, die von durch Saudi-Arabien unterstützten Militanten überflutet wurden.

Das Aufwiegeln von Minderheiten

Demografisch besteht der Iran zu 60% aus ethnischen Persern, gefolgt von einer Mischung aus Azərilər, Kurden, Luren, Turkmenen, Arabern und anderen. Ca. 99% der Iraner sind Muslime, mehr als 90% davon Schiiten, der Rest Sunniten, und der verbleibende Rest besteht aus Christen, Juden, Zoroastrier und anderen.  

Der größte Teil der Kurden siedelt im Nordwesten an der irakisch-türkischen Grenze und an der nordöstlichen Grenze zu Turkmenistan. Iranische Kurden sind sowohl Sunniten als auch Schiiten. Die zweitgrößte ethnische Gruppe, die Azaris, die zum größten Teil schiitischen Glaubens sind, finden sich auch im Nordwesten an der Grenze des Iran nach Aserbaidschan und Armenien.

Iranische Araber, die sich konzentriert im Süden in der Nähe der irakischen Grenze finden, ebenso wie am persischen Golf und an der Straße von Hormus, sind meist Schiiten. Die sunnitische iranische Bevölkerung besteht zum größten Teil aus Kurden, Turkmenen und Balocharen, und hier findet sich die Demographie, in denen schon heute ausländische Einflussnahme höchst sichtbar ist.

In den vergangenen Jahren wurden tausende von Sicherheitskräften des Iran an seinen Grenzen in der Provinz Sistan und Baluchistan, beim Nachbarn Pakistan, getötet. Zuletzt im April, als iranische Grenzpolizisten durch einen die Grenze überschreitenden Terroristenangriff umkamen. Berichten zufolge wurde die Operation durch Jaish al-Adl (Army of Justice), einer sektiererischen Terroristengruppe, von denen die Iraner erklären, dass sie von den USA und Saudi-Arabien beherrscht werden, ausgeführt. Die USA haben zurückverfolgbare Verbindungen zu einigen dieser Gruppen, besonders Jundallah, die von Washington aus der Bush-Ära Gelder bezog, bevor sie dann doch als Terroristenorganisation gelistet wurden. Aber diese Bezeichnung 'Terrorist', wie der Iran sehr wohl weiß, bedeutet wenig. Die Mojahedin-e-Khalq (MEK) waren über Jahrzehnte vom US-Außenministerium als Terrororganisation erfasst worden, aber 2012 aus der Liste gestrichen, und die Organisation wird heute aktiv von US-Beamten umworben.
 Die Unterstützung von Terror im Anti-Terror-Krieg

Jaish al-Adl ist ein Zweig von Sipah-e-Sahabqa, eine anti-schiitische Extremistengruppe, die in Pakistan verboten ist, die aber anscheinend weiter sowohl Unterstützung von Saudi-Arabien als auch aus pakistanischen Kreisen erhält. Sipah Anführer fahren auf Fähren mit pakistanischen Grenzsoldaten über die Grenze, und sie füllen ihre Reihen mit jungen Absolventen der von Saudi-Arabien finanzierten Deobandi, die es reichlich innerhalb Pakistans gibt.

Der Einfluss der USA ist auf der ganzen Karte der Minderheiten im Iran zu beobachten. Medien, Denkfabriken und Politiker betonen und ermutigen Erwartungen von iranischen Minderheiten bei jeder sich bietenden Gelegenheit, und das wird unzweifelhaft eine immer größere Rolle bei der Erhöhung von Spannungen spielen.

Zu den Kurden. Sowohl US- als auch Saudische Fingerabdrücke finden sich überall auf dem Projekt, eine kurdische Rebellion innerhalb des Irans anzuzetteln. Im letzten Juni und Juli, stießen kurdische Kämpfer im Nordwesten des Irans zum ersten mal seit 20 Jahren wieder mit den Revolutionsgarden zusammen, mit Toten auf beiden Seiten.

Die kurdische Gruppe, die daran beteiligt war, ist die Democratic Party of Iranian Kurdistan (PDKI), einer schon alten Terrororganisation, die 2015 erklärte, die Waffen gegen den Staat zu erheben. Es sollte nicht überraschen, dass die Erklärung kurz nach einem Besuch des PDKI-Anführers Mustafa Hijri bei Führern des US-Kongresses in Washington erfolgte.

Ein wehrhafter Iran

Amerikanische schmutzige Tricks sind sicher nichts Neues für den Iran. Der ehemalige Beamte des Außenministeriums aus der Kennedy-Ära, Richard J. Barnet schrieb im Jahr 1968: 'Die (US)-Intervention im Iran im Jahr 1953 zum Sturz des Premierministers Mohammed Mossadeq war Amerikas erster erfolgreicher Versuch der Nachkriegszeit, eine nationalistische Regierung zu stürzen'.

Barnet zufolge planten 'fünf US-Agenten und sieben iranische Geheimdienstmitarbeiter, angeführt vom CIA-Agenten Kermit Roosevelt, den Putsch von einer Wohnung im Iran aus'. Sie waren verantwortlich für 'Straßengangs anzuwerben, um Mossadeq-Anhänger anzugreifen ... Mit der Hilfe substantieller Summen, die Roosevelt erhielt, um Demonstranten nazuwerben, um die wachsenden anti-Mossadeq-Mobs aufzufüllen, und um die Unterstützung der iranischen Armee zu erkaufen, die stark von US-Waffen abhängig waren, wodurch die Aufständischen in der Lage waren, die Welle des Aufruhrs gegen den unfügsamen Premierminister zu richten und ihn aus dem Amt zu treiben'.

Der Iran ist sehr wohl vertraut mit diesen ausländischen Machenschaften, und hat sie in den letzten Jahrzehnten seit der islamischen Revolution sehr aufmerksam bekämpft. Wie wir an Irans Aktivitäten in Syrien, dem Irak und im Libanon erkennen, ist die strategische Tiefe des Landes eine Rote Linie. Umso mehr aber die eigenen Grenzen. Nachdem der Iran die irakische Regierung 2014 warnte, dass sie selbst gegen Aktionen von ISIS vorgehen würde, sollten diese innerhalb von 40 Kilometer vor ihrer Landesgrenze auftauchen, benutzte die iranische Luftwaffe, zum ersten Mal seit dem Iran-Irak-Krieg, F4 Phantom Kampfjets um Luftangriffe an seiner westlichen Grenze in der Diyala Provinz auszuführen.

Der Chef der iranischen Streitkräfte, Mohammed Hossein Bagheri, hat jetzt auch wieder vor Militärschlägen auf pakistanischem Territorium gewarnt, sollte Islamabad nicht die Kontrolle über seine Grenzen wahrnehmen. Er sagte: 'Unglücklicherweise hat sich die pakistanische Grenzregion zu einem Gebiet verwandelt, das Rückzugs- und Trainingsregion für Terroristen ist, die von Saudi Arabien, mit dem Einverständnis der USA, finanziert werden'.

In einem Brief an den UN-Sicherheitsrats, schrieb Irans UN-Botschafter Gholamali Khoshroo über die Drohungen Saudi-Arabiens: 'Wir haben nicht den Wunsch, und auch kein Interesse daran, die Spannungen in unserer Nachbarschaft zu erhöhen ... Wir stehen weiter für Dialog und Entgegenkommen um regionale Stabilität zu fördern, destabilisierende estremistische Gewalt zu bekämpfen und sektiererischen Hass zurück zu weisen. ... Wir hoffen, dass Saudi-Arabien seine Staatsräson mit Bedacht wählen wird....'
 FAZIT

Der saudische Prinz Mohammad bin Salman machte einen Anfängerfehler, indem er drohte, Krieg in den Iran zu tragen. Er machte die Welt darauf aufmerksam. Jede iranische Reaktion erhält nun die volle Legitimierung des internationalen Rechts, für eine angemessene Antwort. Die saudischen Grenzen sind lang, die Bewohner aufsässig, und die Soldaten des Landes kennen diese Art des Krieges nicht. Wir könnten live erleben, wie ein saudischer Prinz seine Worte bedauert.   ...  "

Was Sharmine natürlich im letzten Absatz nicht berücksichtigt, ist die Tatsache, dass Legitimation zwar völkerrechtlich vorhanden sein mag, dies aber das Imperium noch nie davon abgehalten hat, trotzdem einen Krieg vom Zaum zu brechen.

Originalquelle in Englisch mit Links und Videos:
https://www.rt.com/op-edge/388519-saudi-arabia-war-iran/




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